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Ein spannender Bericht eines Zuschauers…

Besitzer von Harbeth Lautsprechern gelten als ausgesprochen markentreu. Viele empfinden es so, dass sie bei ihrem Klangideal „angekommen“ sind. Mit diesem Gefühl geht eine Einschätzung dieser Lautsprecher als besonders harmonisches, natürliches und stressfreies Hören ermöglichend einher. Die Mitten seien besonders schön, die Sprachverständlichkeit liege hoch und die Wiedergabe akustischer Instrumente besonders gelungen. Gleichzeitig hört man andererseits auch oft, dass die Eignung für Rock- und  Popmusik eingeschränkt sei und die Lautsprecher manchmal auch ein wenig langweilig, nicht so knackig und anspringend klängen.

Gerade zu letzterem muss man allerdings sagen, dass sich dieser Eindruck von Baureihe zu Baureihe doch offensichtlich geändert hat – und mit jeder neuen Entwicklungsstufe der altbekannten BBC-Konzepte sich hier doch einiges hin zu mehr „Allgemeintauglichkeit“ entwickelt hat. Für manche altgediente „Hardcore-Fans“ scheint das schon etwas zu viel zu sein. Aber die schwören eh eher auf wirklich alte Spendor BC1-Modelle aus den Beständen des WDRs.

Diese Modernisierung der Harbeth Modellreihen scheint besonders wirkungsvoll in der XD genannten aktuellen Reihe erlebbar zu sein. Aber das scheint auch nicht in gleichem Maße für alle Modelle zu gelten. Neben der von Claus Volke hier vorgestellten Harbeth Compact 7ES-3 XD scheint das für das neueste Modell der Dienstältesten Harbeth-Reihe, die nun Super HL5 Plus XD genannte, zu gelten. Einen eher geringen Unterschied habe ich selbst bei der zwischen diesen beiden Modellen positionierten M30-Baureihe feststellen können. Es mag aber sein, dass andere da zu eigenen abweichenden Ergebnissen kommen. Denn, wie eine Harbeth denn nun „klingt“, ist ja nicht unbedingt völlig eindeutig, sondern hängt durchaus von ihren Spielpartnern ab. So kann man mit einer Harbeth sehr wohl die unterschiedliche Qualität bzw. Auslegung von Kabeln identifizieren (sogar von USB-Kabeln – was eines meiner Dogmen von der Bedeutungslosigkeit von digitalen Verbindungen zerstörte).

Und es kommt eben auch auf den Verstärker als Pendant an. Im Gegensatz dazu vertreten die englischen Fans und vor allem auch Harbeths Chefentwickler und Besitzer Alan Shaw die ganz „harte“ Position, dass ein Verstärker eben nur ein „verstärkendes Stück Draht“ ist, bei dem es nur darauf ankommt, ausreichend viel Leistung schnell und konstant zur Verfügung zu stellen.

Nun sind Harbeths vom Wirkungsgrad (HL 5: 86 dB) her keine „Kostverächter“, so dass wohl keiner auf die Idee käme, sie als ideale Spielpartner für Kleinleistungsverstärker einzusetzen. Aber ein recht harmloser Impendanzverlauf macht sie auch nicht zum potentiellen Alptraum etwa von Transistor-Class A- oder einigermaßen gut im Futter stehenden Röhrenverstärkern.

Und hier ist meine Erfahrung, dass – entgegen Alan Shaws Grundsatz – Verstärker und ihre jeweiligen Eigenschaften einen deutlichen Einfluss auf seine Lautsprecher haben. Und das durchaus unterschiedlich von Modell zu Modell.

So hinterließ ein Hegel H 190 – Harbeth führt seine Lautsprecher u.a. mit Hegel-Verstärkern vor – an einer Harbeth M 30.1 einen hervorragenden Eindruck. Dieser „mittlere“ Harbeth-Monitor kann tatsächlich manchmal ein wenig zurückgenommen und eher bedächtig zu Werke gehen. Mit dem Hegel H 190 gewann er sehr an Spritzigkeit, meisterte dynamische Sprünge besser, behielt seine natürliche Klangsignatur, ließ die Höhen  etwas mehr „glänzen“. Ein sehr guter Spielpartner.

Nachdem ich mir aber meinen Lautsprecher-„Traum“, die oben genannte Super HL5 Plus XD erfüllen konnte, wandelte sich das Bild etwas. Nach wie vor war der Hegel ein durchaus passender und angemessener Spielpartner. Mit ihm spielte der größere Lautsprecher all seine Vorteile gegenüber der M 30.1 deutlich aus: deutlich raumfüllender, ein deutlich realistischerer Bass und eine fantastische, offene Hochtonwiedergabe. Insgesamt bekamen Instrumente mehr Körper und Stimmen wirkten authentischer. Aber geht doch noch mehr? Fehlt da eigentlich noch etwas? Das sind ja die beiden Fragen, die der Treibstoff der Bewegung von uns Hifi-Fans ist. Ja, könnte schon sein. Wie ist das mit „Emotionalität“, „Raum“, „Schmelz“ – geht da vielleicht doch etwas mit Röhren? Röhre? In über 40 Jahren Hifi-Hobby hatte ich es erfolgreich geschafft, mich von dieser ganz eigenen Welt fernzuhalten. Um dann feststellen zu müssen: Röhre ist nicht gleich Röhre – für die echten Kenner eine Binsenweisheit, für mich in dieser Prägnanz eine durchaus neue Erkenntnis. Eine erste Erfahrung mit dem Test einer Unison S6 an meiner Harbeth bestätigte dann zunächst einige Klischees. Das war mir eindeutig zu „plüschig“, „kuschelig“ und nicht besonders dynamisch. Dieses Match passte – für mich – nicht: Da möchte ich doch mehr Auflösung, Klarheit, Prägnanz. Kein Grund, den Hegel in Rente zu schicken.

Dann die nächste Stufe der Erkenntnis: Röhrenverstärker mit dem gleichen Röhrentyp (in diesem Fall EL 34) klingen nicht gleich! Das lehrte mich ein Jadis Orchestra Verstärker. Das war eine ganz andere Nummer. Der packte zu wie der Hegel, erschien mir im Bass sogar präziser. Was kam aber hinzu? „Emotionalität“, „Raum“, „Schmelz“ – ja genau das war es. Der Raum öffnete sich stärker nach hinten, der Klang etwa eines Kontrabasses oder eines Cellos hatte mehr Farbigkeit, weil das Ausschwingen des Instrumentes und der Corpus irgendwie hörbarer war. Die Musik wurde nicht nur „richtig gut gespielt“ (Hegel), sondern berührte viel stärker.

Das wäre es eigentlich schon fast gewesen. Und dann stieß ich auf jene geradezu „sagenumwobene“ Firma in England (wo auch sonst?): Audio Note. Die haben ja auch einen kleinen EL 34-Verstärker, ganz am Einstieg Ihrer großen Produktpalette. Könnte der vielleicht noch wenig mehr – sie wissen schon: „Emotionalität, Raum, Schmelz“?

Ruf doch mal bei dem nächstgelegenen (es gibt gar nicht so viele in Deutschland) Audio Note-Händler an. In meinem Fall ist das die Firma MR-Hifi in Heiligenhaus. Ein echter Glücksfall! Selten habe ich so eine neutrale (kein: „Harbeth geht aber gar nicht – zu Audio Note-Verstärkern passen nur Lautsprecher derselben Firma“), undogmatische (kein: „wenn die Kabel nicht mindestens 20 % des Verstärkers kosten und die Netzsteckdose ausgetauscht wird, braucht man erst gar nicht zu hören) und  vor allem wirklich mir zugewandte und freundliche Beratung erlebt. So war es auch selbstverständlich, dass ich den bewussten Verstärker, den Audio Note Cobra, auch mitnehmen durfte, nein geradezu mitnehmen musste („ich verkaufe ihnen den nur ungern, wenn sie ihn nicht zuvor ausgiebig zu Hause in ihrer Anlage gehört haben)“.

Gesagt, getan! Meine eigenen, bewährten Lautsprecherkabel in die – relativ unscheinbar aussehenden, aber tatsächlich aus Silber gefertigten Lautsprecher-Klemmen des „Cobra“ gesteckt und dann: „Emotionalität, Raum, Schmelz“? Vergessen Sie es! Musik! Eigentlich nur noch Musik! Es ist einfach alles da, greifbar im Raum. Ich höre einfach nur einfach zu und bin dabei. Hat der Cobra die Harbeth „im Griff“, schwingt der Ton des Kontrabasses schön aus, sehe ich das Sinfonie-Orchester korrekt gestaffelt, sitzt Donovan mit seiner Gitarre vor mir oder lässt mich Bert Kaempferts Orchester mit dem Fuß wippen? Ich weiß es nicht, es spielt auch alles keine Rolle bzw. all das sind Einzelaspekte, die für sich gesehen wohl zutreffen. Was Harbeth HL5 und Audio Note Cobra bei mir aber zustande bringen, ist, dass nur noch die Musik wichtig ist, mit einer Selbstverständlichkeit und Natürlichkeit, die die Technik tatsächlich zurücktreten lässt.

Ich weiß nicht, ob eine Harbeth Super HL5 Plus XD ein passender Lautsprecher für Sie ist, ob er besser oder schlechter als Ihr bisheriger ist. Auch weiß ich nicht, ob ein Audio Note Cobra Ihren Anforderungen an einen Verstärker entspricht. Was ich aber weiß, ist, dass es sich unbedingt lohnt, sich auf die Suche nach der passenden Anlage zu machen. Wenn das gelingt, geht es nur noch um Musik, um nichts anderes mehr.

Das heißt, vielleicht doch noch eins: Als eine mehr als „nette“ Zugabe verfügt der – nun endgültige bei mir eingezogene – Audio Note Cobra über einen hervorragenden DA-Wandler, mit Philipps TDA 1543 Chip, non oversampling, analogen Filtern … ach was! Der klingt so, dass ich jetzt tatsächlich ab und zu mal nicht nur Schallplatte höre – mehr ist dazu nicht zu sagen.

Michael Westerhoff

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