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Mein Hörtipp: Wolfgang Lackerschmid – compositions for melodic percussion for solo and trio, featuring „Schlag3“

Heute erscheint ein ganz besonderes, ein anderes Album. Es beinhaltet ausschließlich Kompositionen von Wolfgang Lackerschmid, dem bekannten Vibraphonisten, Komponisten und Bandleader, der mittelweile auf mehr als 200 Aufnahmen zu hören ist. Die Stücke wurden bis auf eines im Jahr 2021 aufgenommen. Nur die Aufzeichnung „Klanghalle“ ist wesentlich älter, sie stammt aus dem Jahr 2009. Ich schreibe hier übrigens absichtlich „Werk“ und nicht Song, denn dass hier sind eigentlich in sich abgeschlossene oder Teile übergeordneter Gesamtwerke und nicht nur zusammengewürfelte separate Songs auf einem Album.

Des Weiteren muss man wissen, dass Lackerschmid nur 3 der 8 Stücke selbst, die aber auch als Solowerker verfasst wurden. Die anderen 4 spielt „Schlag3“ das seit 2011 bestehende Percussion-Trio mit Sebastian Hausl, Florian Reß und Fabian Strauß.

Lackerschmid lässt sich durch Corona und die daraus resultierenden und zum Teil existenzvernichtenden Beschränkungen für Künstler:innen nicht bremsen. Im Gegenteil: Er macht weiter und schafft immer neue faszinierende Musik. Ich hatte sein weiteres hervorragendes Album „Summer Changes“ aus dem Jahr 2021 erst vor einigen Wochen mit großer Begeisterung besprochen. (s.u.)

Und was erwartet Sie nun bei den Kompositionen für Malletinstrumente und Steinklang-Percussion?  Lackerschmid hat selbst hat klassisches Schlagwerk und Komposition studiert und geht hier ganz in seinem Streben nach melodischer Harmonie, trotz oder gerade wegen der rhythmischen Komplexität der Schlagwerke, auf einem Weg weiter, der das Schlagwerk aus der Schublade der „Begleitinstrumente“ herausholt.

Es ist einfach unglaublich, welche klangliche Vielfalt hier auf die Zuhörer:innen einwirkt. Schlagwerken wird im Allgemeinen nicht selten eher nur die begleitende, die rhythmusbildende Grundlagenaufgabe zugeschrieben. Hier werden sie jedoch in allen ihren Erscheinungsformen zu den führenden und bestimmenden Instrumenten. Und das ist wirklich absolut faszinierend, denn die feinen bis feinsten Nuancen in den Klangfarben und der Dynamik werden so viel leichter hör- und unmittelbar erlebbar.

Bereits nach wenigen Minuten ist man gefesselt von den Klang- und unglaublich vielfältigen Ausdrucksformen dieser so unterschiedlichen Instrumente. In muss ehrlich sein, dass ich gewisse „Vorbehalte“ gegen ein solches Album hatte, kann ein solches doch, wenn man die Virtuosität oder das „Ausreizen“ der Schlagwerkinstrumente in den Vordergrund stellt, schnell ins nervige abdriften. Nicht so hier:

Wunderbare melodische und harmonisch fließende Linien. viele interessante rhythmische Wechsel mit immer wieder neuen wellenartigen Spannungsbögen und überraschende und das Interesse der Zuhörer:innen weckende Spieltechniken, bei denen das hörbare Ergebnis und nicht die Bewunderung des Publikums für die jeweiligen Fähigkeiten des einzelnen Musikers im Vordergrund stehen. Das ist wirklich absolut faszinierend und ich habe etwas in vergleichbarere Form so noch nie gehört.

Das ist nicht nur ein Schlagwerkalbum für reine Liebhaber dieser Instrumentengattung, das ist ein absolut vollwertiges Musikalbum für musikinteressierte und -begeisterte Menschen.

Das auch klanglich absolut überzeugende Album gibt den Zuhörer:innen zu jedem der einzelnen Stücke im gut gemachten (und designten!) Booklet alle wichtigen Hintergrundinformationen, so dass man die Ideen, die Motivationen und Konzepte hinter den Stücken viel besser in ihrer jeweiligen tatsächlichen konkreten musikalischen Umsetzung verstehen kann. Das geht übrigens so weit, dass Lackerschmid die Kompositionen sogar auf die jeweiligen Bedingungen der Orte abgestimmt hat, an denen sie aufgeführt wurden. Wenn man das alles weiß, ist es viel leichter nachvollziehbar, wie Lackerschmid z.B. den langen Hall der St. Anna Kirche in Augsburg in seinen 1. Satz „Herkules Drumcall“ in dem Werk „Neue Reisen des Herkules“ nicht nur berücksichtigt, sondern als prägendes Merkmal unmittelbar mitberücksichtigt hat.

Das Stück: „Compadre Peri“ widmet Lackerschmid seinem langjährigen musikalischen Partner und Freund Peri dos Santos. Darin wird dessen sehr eigene Art von Gruß und Verabschiedung ausgedrückt und in überaus spannenden rhythmischen Assoziationen mit ungemein spannenden melodischen Wechseln verarbeitet.

Im Werk „Klanghalle“ spielt Lackerschmid ein Solo an einem Gramorimba, einem Schlaginstrument mit präzise gestimmten Steinplatten. Hier zeigt er den Zuhörer:innen eine Klangvielfalt, unterstützt durch harmonische und klangliche Ausdrucksmöglichkeiten, die einen förmlich übermannt! 

Übrigens zeigt diese große klangliche Vielfalt der verschiedenen Instrumente auch die Fähigkeit einer Anlage und insbesondere der Lautsprecher sehr gut auf. Die unheimlich große (und zumindest von mir zunächst nicht erwartete) klangliche und klangfarbliche Vielfalt der durch die Schlagwerke erzeugten Töne ist faszinierend. Stimmt hier alles, ist die CD aus rein klanglicher Sicht bereits eine umwerfende Erfahrung.

Diese CD ist mehr als nur die reine Musik und ist höchst abwechslungsreich und von der ersten bis zur letzten Minute absolut spannend und geradezu fesselnd. Besonders die vielen leisen und ruhigeren Passagen sind es, die, und das mag zunächst als Widerspruch zu der Instrumentengattung als solcher empfunden werden, die die klangliche und melodische Vielfältigkeit der Ausdrucksmöglichkeiten der Instrumente gesehen werden.

Wenn man sich während des Hörens mit den Hintergründen, den Instrumenten selbst und den ganzen Ideen und den in den vielfältigen Ausdrucksformen realisierten Intentionen der Kompositionen und deren diesen zugrundeliegenden Inspirationen offen beschäftigt, wird das Hören ein echtes Erlebnis und eine großartige Erfahrung. Ich habe die CD so z.B. gleich 4-mal hintereinander komplett durchgehört, so intensiv hat mich die Musik beschäftigt und für sich eingenommen.

Die neue CD von Wolfgang Lackerschmid ist ein genreübergreifendes und ein weit über die unmittelbare Musik hinausgehendes Gesamtkunstwerk.  

Unbedingt abhören, auch oder erst recht, wenn Sie bei der Beschreibung der Musik und der Instrumente Vorbehalte haben! Sie werden sehr positiv überrascht sein, das verspreche ich Ihnen!

https://www.youtube.com/user/hipnet/videos

http://www.lackerschmid.de/

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