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Mein Hörtipp: Benedict Kloeckner; J. S. Bach; 6 Suites for Cello Solo + 6 Cello-Miniaturen (3 CDs)

Im Oktober dieses Jahres erschien das neue Solo-Album von Benedict Kloeckner. Auf drei CDs präsentiert der Cellist die Sechs Cello-Solo Suiten von Johann Sebastian Bach (BWV 1007-1012) und 6 Cello Miniaturen, die er während des ersten Corona-Lockdowns als eine weltumspannende Reaktion der Pandemie und deren Folgen bei einer Komponistin und 5 Komponisten in Auftrag gegeben hat. Die 6 stammen zudem von 6 verschiedenen Kontinenten.

Über die berühmten 6 Cello-Suiten von J.S Bach muss man sicherlich nichts mehr schreiben. Mich haben vor sehr vielen Jahren übrigens genau diese zur klassischen Musik geführt. Nach weniger als 3 Minuten war es um mich geschehen. Und heute vergeht wirklich kein Tag mehr, an dem ich nicht die Musik von Johann Sebastian Bach höre. Frei nach Loriot: Ein Leben ohne Bach ist vorstellbar, aber nicht erstrebenswert. Die Musik dieses meiner Meinung nach größten Komponisten aller Zeiten macht was mit den Menschen. Dieses Phänomen tritt in dieser Ausprägung für mich nur noch bei den Werken von Mozart in ähnlicher Weise auf. Mozart sah übrigens in Johann Sebastian Bach den wahren Meister der Komponisten… Aber zurück zu der neuen CD von Kloeckner.

Er stellt nun also jeder Suite eine der Auftragskompositionen „gegenüber“ und das ist absolut faszinierend. Die Miniaturen sind die Antworten auf die aktuellen Geschehnisse in unserer Welt und stehen in einem direkten und unmittelbaren Spannungsfeld mit den Cello Suiten Bachs. Und das Ergebnis ist wohl in der Art einmalig: 6 Komponist:innen von 6 verschiedenen Kontinenten treten in einen interkulturellen Dialog über eine Zeitspanne von 300 Jahren. Und genau diese Gegenüberstellung und den sich daraus entwickelnden Konfrontationen der 6 mit den Suiten Bachs ist wirklich ungemein spannend.

Benedict Kloeckner ist ein Meister seines Fachs und spielt und interpretiert die 6 Suiten auf seinem Instrument von Francesco Rugeri (Cremona 1690) nach seiner ganz individuellen Vorstellung. Er lädt die Zuhörer:innen ein sich den einzelnen Suiten und den jeweiligen Antworten der 6 Komponist:innen, und damit den Echos aus unsere Zeit, zu stellen.

Mein persönlicher Favorit ist übrigens die 6. Suite, die ihre „Reaktion“ in Form der „Sweet Suites“ des 1977 geborenen Japaners Dai Fujikura erhält. Auch hier sind immer wieder kleinere und dennoch klare Bezüge zu der Suite von J.S. Bach zu hören und dennoch schafft es Fujikura durch sein Werk zwischen den Welten und den Zeiten geradezu traumwandlerisch auf musikalischen Pfaden zu wandeln. Das ist absolut faszinierend.

Die in Koproduktion mit dem Südwestfunk, SWR 2, entstandene CD ist klanglich perfekt und stellt das über 330 Jahre alte Instrument mit seinen enormen klanglichen Fähigkeiten wunderbar farblich und räumlich dar.

Braucht es eine weitere Einspielung der 6 Cello Solo Suiten von Johann Sebastian Bach, wo es doch heute so viele echte Referenzeinspielungen gibt? Wahrscheinlich nicht, auch wenn selbst heute immer wieder spannende neue Aufnahmen entstehen (die dann in 10, 20 oder 30 Jahren ebenfalls zum Kreis der Referenzen zählen…). Aber vielleicht ist das die falsche Frage, denn die hier vorliegende Form ist in dieser Ausprägung und Umsetzung meiner Kenntnis nach einmalig.

Und das Ergebnis zeigt mir wieder eines ganz klar: Das Werk von Johann Sebastian Bach wird auch in 300 und in 3000 Jahren noch die jeweilige Spitze der Werkgattungen anführen und die Beschäftigung mit seiner Musik wird niemals aufhören.

Benedict Kloeckner ist ein wichtiger Vertreter der neuen Generation von Cellisten und hat sich von der Coronakrise nicht entmutigen lassen. Im Gegenteil: Mit vollem Einsatz und einer ungemein kreativen Herangehensweise hat er hier wirklich etwas Besonderes geschaffen, trotz oder gerade wegen dieser Pandemie mit allen ihren Auswirkungen und Folgen für alle Menschen. Einen kleinen Kritikpunkt möchte ich nicht verschweigen: Das gesamte und eigentlich sehr gute Booklet ist nur in englischer Sprache verfasst, was insbesondere bei den Vorstellungen der 6 Komponist:innen sehr schade ist.

Mei Fazit: Absolut faszinierend und nicht nur für Liebhaber der 6. Cello Solo Suiten ein Muss.   

Brilliant Classics

https://www.benedictkloeckner.de/

Die 6 Komponistinnen:

https://de.wikipedia.org/wiki/Elena_Kats-Chernin

https://www.joseelizondo.com/

https://www.billaudot.com/de/composer.php?p=Eric&n=Tanguy

https://de.wikipedia.org/wiki/Geoffrey_Gordon

https://www.daifujikura.com/

Videos zu den Künstler:innen

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