| | | | | | | |

Kennen Sie eigentlich…Christoph Ullrich?

Der in Göttingen geboren Pianist studierte bei Leonard Hokanson, Claude Frank und Rudolf Buchbinder und lebt heute in Frankfurt am Main.

Ullrich verfügt über ein ungemein großes und breit gefächertes Repertoire und die Liste seiner veröffentlichten Alben ist lang. Neben den „Klassikern“ Mozart, Schubert und natürlich Johann Sebastian Bach, sind es aber insbesondere auch Werke in denen er verschiedene Kunstformen zusammenfügt. Zu nennen sind hier z.B. seine musikalisch-literarischen Werke. Sein Blick geht immer zu allen Seiten um sich dort umzuschauen, wo anderen vielleicht gar nicht hinsehen. So hat er u.a. das Gesamtwerk für Violoncello und Klavier von Friedrich Kiel (gemeinsam mit dem Cellisten Hans Zentgraf) eingespielt oder eine ungemein sensible Einspielung der Winterreise von Franz Schubert mit dem Bariton Matthias Horn vorgelegt.

Seit 2011 spielt er beim deutschen TACET Label alle 555 (!) Cembalosonaten von Domenico Scarlatti ein, die wahrscheinlich den Künstler noch bis ca. 2026 beschäftigen wird. Ich habe Ullrich mit dieser Reihe genauer und besser kennengelernt und habe hier 2 der Doppel CDs aus der Scarlatti Reihe begeistert besprochen. Es ist einfach beindruckend, mit welcher Hingabe und unvorstellbarem Zeitaufwand sich Ullrich in diese 555 Werke einliest und sprichwörtlich einlebt. Es ist bei allen Sonaten ein Erlebnis, ihn zu hören, denn man spürt förmlich, wie intensiv sich er sich mit den Werken auseinandergesetzt und diese für den großen modernen Konzertflügel „übersetzt“ hat.

Er ist ein sehr lyrischer Spieler, der gerade in den langsamen, leisen Passagen eine Emotionalität und einen Klangfarbenreichtum einbringt, der einen förmlich fesselt. Gefühle sind ihm genauso wichtig, wie genreübergreifende Symbiosen in der Musik. Er ist, wenngleich er es technisch könnte, kein Musiker, der die eigene Virtuosität in den Vordergrund stellt. Mir scheint er auch kein Interpret zu sein, der die Musik nur spielt. Christoph Ullrich musiziert nicht nur, was unmittelbar in den Noten steht. Er verinnerlicht die Werke, saugt sie mit ihren ganzen Hintergründen förmlich auf und spielt sie dann aus seinem Innersten für die Zuhörer:innen. Nicht das „Was“, sondern das „Wie“ steht im Vordergrund dieses sicherlich zu den sensibelsten und gefühlvollsten Pianist:innen unserer Zeit gehörenden Künstlers. Ullrich ist ein leidenschaftlicher Reisender in das Innere der Werke und erschafft so eine ganz eigene Klangwelt.

Christoph Ullrich

Gefühl vor Technik, Interpretationen unter Berücksichtigung der Komponisten als fühlende Menschen. Und immer im Vordergrund: Die Frage, warum die Komponisten etwas so und nicht anders geschrieben haben. Ullrich spielt, was zu den Noten als Ergebnis eines kreativen Schaffensprozesses geführt hat und nicht nur die reine Note. Miles Davis sagte einmal, dass seine Musiker das spielen sollten, was nicht auf dem Notenpapier stehe. Der Vergleich sei mir hier erlaubt, aber sowohl die Musik von Miles Davis, als auch die Interpretationen von Christoph Ullrich sind geprägt von schwebenden, gefühlvollen Sounds, mit vielen feinen bis feinsten Nuancen im Klang- und Farbenspektrum und einer für die Zuhörer:innen jederzeit erlebbaren Grob- und Feindynamik. Er spielt nicht die Werke, er macht hörbar, was ihn am Ende einer intensiven Beschäftigung mit ihnen dazu gebracht hat, diese genau so zu spielen. Übrigens war es früher völlig norman, dass klassischer Pianist:innen und Komponist:innen improvisierten…   

Christoph Ullrich

Christoph Ullrich erfasst das menschliche in den Werken und bewegt die Zuhörer:innen. Kann man etwas Positiveres über einen klassischen Pianisten schreiben?

Hier ein paar links und Videobeispiele zum Entdecken dieses gefühlvollen, sensiblen, bescheidenen und für alle Kunstformen und -themen offenen Menschen, der, ja, der auch Musiker ist.

Nicht umgekehrt!

Quelle Fotos: Webseite von Christoph Ullrich

https://www.youtube.com/channel/UCvpfnqnNe3rAppV6cYuDCsQ/videos

http://www.christophullrich.de/

Christoph Ullrich

Ähnliche Beiträge