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Mein Hörtipp: Flaute Veneziano, Dorothee Oberlinger – Sonatori de la Gioiosa Marca

Eigentlich rezensiere ich ja neue CDs. Aber warum eigentlich? Sind ältere Aufnahmen schlechter, uninteressanter? Wohl kaum. Zudem sind solche CDs dann schon länger im niedrigen Preissegment angesiedelt und das ist auch nicht schlecht, oder?

Immerhin habe ich das Album von Dorothee Oberlinger gerade erst „neu“ gekauft, es wurde aber bereits vor 10 Jahren aufgenommen. Und es ist richtig gut!

Ich dachte übrigens immer, dass ich alle Aufnahmen von Dorothee Oberlinger habe. Falsch gedacht. Vielleicht lag es daran, dass ihre Alben sehr ähnliche Cover haben…aber egal. Sagte ich schon, dass diese CD unglaublich gut ist? Sie fragen warum? Nun, das ist einfach: Die Titel schaffen das Unmögliche und geben einen musikalisch-außergewöhnlichen Überblick über die Geschichte der Blockflötenmusik in Venedig von der Renaissance bis zum Spätbarock. Eine verdammt lange Zeitspanne…

Und ausnahmslos alle auf der CD zu findende Komponisten sind wahre Meister ihrer jeweiligen Epoche. Wie zu erwarten, ist die individuelle Auswahl der Stücke ausgezeichnet gelungen. Das ist aber eigentlich gar nicht so schwer, wenn man mal ehrlich ist, denn die Blockflöte (Flauto) war in der Lagunenstadt bis zum Ende des Barocks eines, wenn nicht sogar das beliebteste Musikinstrument, und daher gibt es einfach sehr viele Kompositionen. Die Stücke des Albums zeigen klar und eutlich auf, dass hier über Jahrhunderte eine wirklich sehr hohe künstlerische Perfektion erreicht wurde. Übrigens gibt es in Venedig bereits ein Bild aus dem Jahr 1528, auf dem eine Renaissance-Flöte erkennbar ist.

Die Musik dieser CD ist so ungemein vielfältig und doch, verbunden durch die Flöte, in sich und miteinander verbunden. Dabei spielt es übrigens keine Rolle, ob es eine geistliche oder weltliche Vokalmusik auf Instrumenten ist oder ein Instrument- oder Solowerk. Der hier anzutreffende kompositorische Reigen beginnt am Anfang des 16 Jahrhunderts und endet erst fast in der Mitte des 18.

Neben Antonio Vivaldi sind es z.B. Giovanni Battista Riccio, Dario Castello, Alessandro Marchello oder Philippe Verdelot, um nur ein paar der Komponisten zu nennen, die vielleicht nicht jedem bekannt sind.   

200 Jahre Flötenmusik, die – übrigens auch in klangtechnischer Sicht – die musikalische Entwicklung von der Renaissance hin zum Barock in 24 Teilen deutlich macht und dabei eine spannende Geschichte erzählt, eine, die Zuhörer:innen geradezu fesselt und die Aufmerksamkeit kontinuierlich einfordert… Die Musik besitzt in der musikalischen Umsetzung zum Teil eine fast überirdische Schönheit und verzaubert mit harmonisch fließenden Elementen, die man förmlich in sich aufsaugen möchte. Egal ob elegantere Tanzformen, Madrigale, klangprächtig besetzte Kompositionen oder überwältigenden Sonaten, dies ist eine CD, die jede Liebhaberin und jeder Liebhaber der Musik der Renaissance und des Barocks und der höchsten Flötenkunst einfach gehört haben muss. Aber auch wer vielleicht noch keinen unmittelbaren Zugang dazu hat, dem stößt dieses Album die Tür auf zu vielen neuen und tief-emotionalen Entdeckungen und Empfindungen.

Und so lautet mein Fazit hier: Unbedingt anhören. Oder gleich besser: Kaufen, denn noch günstiger wird die CD sicherlich nicht mehr und das macht die Entscheidung vielleicht noch einfacher…

Deutsche harmonia mundi, Sony Music  

Hier die Webseite von Dorothee Oberlinger

https://www.dorotheeoberlinger.de/

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