| | | |

Mono oder Stereo – ganz nach Wunsch

Von Joachim Bung

Exot unter den zahlreichen US-Tonarmen der 1950er Jahre ist diese Zehnzoll-Ausführung der Firma Livingston. Den „Universal-Arm“ konnte ich ebenfalls „New Old Stock“ kaufen. Leider gibt es dazu so gut wie keine Informationen im Netz. Auch die bewährte Tonarm-Datenbank der Webseite Vinyl Engine kennt dieses Modell nicht – geometrische Daten Fehlanzeige. Bei der fachgerechten Installation half da nur noch Peter Feldmann. Der Analogexperte aus Bad Homburg ist in der Lage, so ein Schätzchen selbst zu vermessen und auf ein – wieder maßgefertigtes – Thorens-Brett mit minimalem Tangentialfehler zu montieren.

Einen abnehmbaren Tonkopf hat der elegant geschwungene Arm in damals typischen grauen Hammerschlaglack nicht. Bestückt ist er mit dem legendären und hoch gehandelten Tonabnehmer M 3 D von Shure. Gebaut von 1958 bis Anfang der 1970er (!) Jahre, war das Shure M 3 D das erstes Stereo-Modell des Herstellers aus Evanston, Illinois. Auflagekraft 4 Gramm, ideal für alte Monos.

Eine Armstütze besaß der Livingston ursprünglich nicht. Zur besseren Handhabung hat Feldmann eine Stütze maßgefertigt – sogar mit praktischer Überwurfklammer zur Armsicherung und filzbezogenen Kontaktflächen, um Kratzer an der Unterseite des Tonarms zu vermeiden. Solch elegante, mit historischen HiFi-Geräten harmonierende Lösungen zu finden und zu realisieren zählen zu seinen besonderen Stärken.

Maßgefertigte Armstütze mit Überwurfklammer und Filzbezug

Ebenfalls zur leichteren Handhabung des Universal-Tonarms wurde ein separater Armlift montiert, ein historischer Dextrafix Microlift der amerikanischen Dexter Chemical Corporation.

Dextrafix Microlift – in den frühen 1960er Jahren von Telefunken und der deutschen Garrard-Verkaufsgesellschaft in Frankfurt am Main vertrieben, Preis damals 23,50 DM – heute ein Mehrfaches davon

Zweiköpfiger Bruder

Tonarm-Brüder der US-Firma Livingston – oben die zweiköpfige Ausführung

Interessant ist dieser einfach konstruierte Tonarm aus einem ganz besonderen Aspekt: Es gibt davon eine „zweiköpfige“, binaurale Ausführung! Und zwar zum Abspielen von Stereo-Schallplatten nach dem System von Emory Cook. Bei diesen Scheiben sind die beiden Kanäle auf getrennten Bändern aufgezeichnet.

Abtastprinzip der Stereo-Schallplatten nach dem System von Cook

Allerdings haben diese ersten, schon 1952 (!) erschienenen Stereo-Schallplatten nicht nur den Nachteil halbierter Spieldauer– kaum mehr als 10 Minuten bei der damals üblichen 25-cm-LP. Sie erweisen sich auch als ergonomisch unpraktische Idee. Denn der zum Abspielen benötigte „Duplex-Tonarm“ hat zwei parallele Mono-Tonabnehmer, die gleichzeitig auf die Platte gesetzt werden. Entwickler Emory Cook betont die Wichtigkeit des Synchronisierens. „Fehler dürfen dabei nicht passieren“, schreibt er in High Fidelity. „Sonst spielt einer der beiden Tonabnehmer eine Kleinigkeit vorweg, mit schrecklich unmusikalischem Ergebnis.“

Noch mehr Geschick erfordert die Montage eines „Clip-On Conversion“ genannten Adapters mit zweitem Tonabnehmer, wodurch sich ein herkömmlicher Arm auf Stereowiedergabe umrüsten lässt. Angeblich soll der „Beiwagen“ der Cook Laboratories sich auch für Plattenwechsler eignen – ein Vorgehen, von dem Martin Mayer in seinem HiFi-Ratgeber von 1956 aber abrät.

Exponat in einer Vitrine des Deutschen Phonomuseums St. Georgen

Interessant ist, dass man sich auch im Schwarzwald im Versuchslabor von Perpetuum-Ebner schon lang vor der offiziellen Einführung der Stereo-LP (1958) über zweikanalige Musikwiedergabe von Schallplatten Gedanken gemacht macht hat – was das obige „Beiwagenfoto“ an einem „Rex“-Plattenwechsler beweist.

Parallele Tonabnehmer am Duplex-Tonarm – hier zwei moderne Mono-Systeme OM D 25 M von Ortofon

Das obige Foto zeigt den Duplex-Tonarm von Livingston an einem Thorens TD 124. Um Höhenschlag auszugleichen, sind die Köpfe voneinander unabhängig beweglich gelagert. Eine Stellschraube auf der Oberseite erlaubt, den Standardabstand der Abtastnadeln von 43 Millimeter leicht zu variieren, wodurch sich mögliche Toleranzen der Bänder kompensieren lassen. Auch Mono-LPs kann der „Duplex-Arm“ abspielen. Dazu wird einfach der innere Kopf angehoben.

Diese nach dem System von Cook aufgezeichnete Blues-Langspielplatte gehört, wie auch der TD 124 mit binauralem Livingston-Tonarm, einem Restaurator und Sammler alter Phonographen aus der Westschweiz. Er lobt den Klang: „Die Wiedergabe ist phantastisch – sehr dynamisch und mit außergewöhnlicher Kanaltrennung.“

Vielen Dank wieder einmal an Joachim Bung!

Hier seine Seite mit weiteren tollen Infos:

Ähnliche Beiträge